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C. Giron-Panel/ A.-M. Goulet (Hg.), La musique à Rome au XVIIe siècle : études et perspectives de recherche, Rom 2012.

 

A.-M. Goulet/G. zur Nieden (ed.), Europäische Musiker in Venedig, Rom und Neapel / Les musiciens européens à Venise, Rome et Naples / Musicisti europei a Venezia, Roma e Napoli 1650-1750, Kassel 2015 (= Analecta Musicologica 52).

 

Ausländische Musiker im Rom des 18. Jahrhunderts: Biographische Entwicklungen und Strategien beruflicher Eingliederung

Elodie Oriol

Mein Beitrag zum Projekt „Musici“ ist Teil einer von mir initiierten Forschungsarbeit, die derzeit im Rahmen eines Promotionsvorhabens in wissenschaftlicher Kooperation zweier internationaler Hochschulen (Rom - Aix-en-Provence) entsteht. Auf der Grundlage der Ergebnisse meiner Master-Arbeit über Stellung und Statut der ’Congregazione dei Musici di Roma’ unter dem Patronat des Kardinals Pietro Ottoboni (1692-1740) konzentrieren sich meine aktuellen Forschungen auf Definition und Charakter des Musikerberufes sowie die mit den musikalischen Aktivitäten im Rom des 18. Jahrhunderts verbundenen professionellen Praktiken.

Die Studie beruht auf einem interdisziplinären Ansatz. Angesichts der zugrundeliegenden Überlegungen und der angewandten Methodik trägt sie den Betrachtungsweisen sowohl einer ‘Sozialgeschichte der Musik’, als auch einer ‘Entwicklungsgeschichte des Musikgeschmackes’, verbunden mit der Geschichte musikalischer Institutionen, Rechnung. Den Rahmen der Untersuchung bildet ein spezifischer urbaner Kontext: das neuzeitliche Rom.

Obschon die Präsenz einer großen Anzahl ausländischer Musiker im Italien der Neuzeit einen festen Tatbestand darstellt, ist es gleichwohl schwierig, diese spezifische sozio-professionnelle Gruppe in den Städten der Halbinsel konkret ausfindig zu machen. Die systematische Auswertung von Primärquellen bietet indes die Möglichkeit, in diesem Punkt Einsichten zu gewinnen. Das von mir vorgesehene Prozedere konzentriert sich daher auf die Erfassung unterschiedlicher Arten römischer Archivalien, die Erkenntnisse über die Präsenz ausländischer Musiker (Sänger, Instrumentalisten, Komponisten, Instrumentenbauer etc.) erwarten lassen.

Durch die Zusammenschau verschiedener Quellengattungen zielt die Forschungsarbeit darauf ab, Karrieren und berufliche Entwicklungen ausländischer Musiker im Rom der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nachzuzeichnen, mit dem Ziel, Wesen und Eigenart dieser spezifischen Berufsgruppe zu definieren.


In Form von biographischen Abrissen, nach Art des Dizionario Biografico degli Italiani oder des New Grove Dictionary of Music and Musicians, ist vorgesehen, repräsentative Fälle von in Rom tätigen ausländischen Musikern zu illustrieren. Gestützt auf solche Einzeldarstellungen bieten die Resultate dieses methodischen Ansatzes einen Überblick über Präsenz und Integration der Musiker im urbanen Netzwerk der Stadt und ermöglichen nähere Erkenntnisse und Rückschlüsse bezüglich ihres sozialen und beruflichen Status.

Diese Vorgehensweise bildet die Basis für weiterführende Überlegungen hinsichtlich der Definition üblicher sprachlicher Termini des Beobachtungszeitraumes gegenüber ihrem heutigen Gebrauch. So ist insbesondere die Bedeutung des Begriffes „ausländisch“ (straniero) genau einzugrenzen und auf Wertigkeit und Sinn bezüglich eines Musikers im Rom des Settecento zu überprüfen. Erst auf dieser Grundlage lässt sich festmachen, worin die spezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen, aufgrund derer ein Musiker als „straniero“, als „forestiero“ - also aus einem anderen Herrschaftsbereich der italienischen Halbinsel stammend - oder als „romano“ - als Bürger römischer Herkunft - eingeordnet wird.

Diese individuelle Charakterisierung als Resultat spezifischer biographischer Untersuchungen wird vervollständigt durch ein Studium des institutionellen und organisatorischen Umfeldes. Dabei wird die Frage gestellt, in welchen Strukturen ausländische Musiker in Rom Aufnahme fanden, aber auch in welchen Bereichen sie ihre berufliche Tätigkeit ausübten (Kirchenkapellen, Theater, Adelshäuser etc.) und in welchen Kontexten sich ihr Alltag abspielte (individuelle Lebensräume, Stadtviertel, Orte sozialen Austausches etc.).

Die durch die individuelle Erforschung und Charakterisierung ausländischer Musiker gewonnenen biographischen Informationen fließen in die gemeinsame Datenbank des „Musici“-Projekts ein. Die im Verlauf der Arbeit gesammelten Angaben zum sozialen wie beruflichen Profil der Einzelpersonen werden überdies unter dem Blickwinkel des Status, der geographischen Verortung und der Mobilität ausländischer Musiker in der Stadt ausgewertet und liefern somit die Grundlage für weiter reichende Erkenntnisse bezüglich des Musikerberufes in der Neuzeit.

Kontakt

Anne-Madeleine Goulet

Centre d’études supérieures de la Renaissance

59 rue Néricault-Destouches

BP 12050

F-37020 TOURS Cedex 1

anne-madeleine.goulet(at)univ-tours.fr

 

Prof. Dr. Gesa zur Nieden

Universität Greifswald

Institut für Kirchenmusik und Musikwissenschaft

Bahnhofstr. 48/49

D-17489 Greifswald

Tel.: 0049-3834-420-3522

gesa.zurnieden(at)uni-greifswald.de

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